Tag 5, Donnerstag, 31. März – Pay Day | “Fuck the wildlife!”

Smok'em

Die Terps, wie die drei Übersetzer heißen, mit denen wir untergebracht sind, spielen Karten im Zelt. Es ist der erste Tag, an dem die Sonne nicht scheint. Habe heute angefangen, das Interview mit Bataillonskommandeur Taylor abzutippen, das ich noch in Sharana West geführt hatte.

Mich im TOC bei Captain Perkins nach der Lage erkundigt. Der Tag wurde am frühen Morgen wieder mit einem Angriff eingeläutet. Es knallte ein paar Mal ziemlich laut und dann ertönte eine blecherne Stimme über die Lautsprecher. “Incoming, Incoming, Incoming”. Unter Beschuss.

Zähflüssiges Rollenspiel

Für heute ist wieder eine Patrouille nach Sar Hawsa, ein Airdrop, bei dem Paletten mit Versorgungsgütern abgeworfen werden sollen, und dann eine Nacht auf Patrouille mit First Leutnant Tim Tracy und seinem Zug geplant. Axel wird die Nacht nicht draußen verbringen. Er kann keine Bilder machen.

Wir werden die den ganzen Tag von Kampfflugzeugen und Apaches überflogen. Das Rollenspiel während des Besuchs in Sar Hawsa läuft zähflüssig, sei es weil die Soldaten und Übersetzer überfordert sind, oder die Protagonisten das Spiel nicht wirklich ernst nehmen.

Der Civil Affairs Officer, der Typ der auf Brigadeebene das Geld der Army für Aufbauprojekte verwaltet, Leutnant Michael Gilett, ist mit einer Abordnung aus dem Hauptlager Sharana West angerückt. Er hat die Kohle im Koffer, für den Krankenhausneubau. Pay day.

Mit zwei Squads ins Dorf

Insgesamt sichern zwei Squads, Gruppen, den Ausflug ins Dorf. Mit drei Übersetzern, dem Besuch aus dem Hauptquartier sind wir insgesamt 24 Personen. Dieses Mal ist ein auch ein Mörserteam mit einem 60-Millimeter-Rohr mit von der Partie – dabei lautet die Maxime, “non-threatening” aufzutreten – nicht einschüchternd.

Wir werden dieses Mal nicht von polnischen Soldaten ins Dorf begleitet, die hier auf Übung Soldaten der Afghan National Army (ANA) spielen und bei uns im COP wohnen. Eigentlich sollen keine Aktionen ohne afghanische Partner durchgeführt werden. Erstens, weil sie im echten Leben alleine für die Sicherheit in Afghanistan sorgen sollen. Zweitens, weil so mehr Legitimität geschaffen wird. Wenn etwas schief geht, waren nicht nur die Amis sondern auch Einheimische beteiligt.

Wir besuchen die neugebaute Polizeistation im Dorf. Der Polizeichef wird von einem echten Afghanen gespielt. Nasser, der Übersetzer oder Terp, kann also tatsächlich von Paschtu ins Englische übersetzen. Und nicht wie viel andere Male von Deutsch ins Englische, was der Sache manchmal eine unfreiwillige Komik verleiht, da die Terps nur relativ schlechtes Deutsch sprechen.

Axel bekommt Ärger

Axel bekommt während wir ’rumstehen Ärger mit einem “Einheimischen”. Der von einem Deutschen gespielte Dorfbewohner beteuert, Axel habe gefrevelt und Frauen fotografiert, die in ihren Burkas die Straße entlang gingen. Axel seinerseits versichert, er habe keine Fotos gemacht und kauft nach kurzer Verhandlung den stellvertretenden Polizeichef und den Mann, der ihn beschuldigt, schließlich für jeweils 100 Afghani.

Nach einer langen Inspektion der Polizeistation samt Gefängniszellen, geht es weiter Teetrinken beim Provinzgouverneur, der als zweiter Mann im Übungsdorf von einem echten Afghanen gespielt wird.

Wir betreten das Büro des Administrators, draußen ruft der Muezzin vom gefakten Minarett zum Gebet. Ob das bayrische Bauamt, dem Bau der Mosche wohl zustimmen musste? Die Abordnung bekommt Tee serviert. Der Distriktadministrator ist gut gecastet, ein echter Afghane, der erhaben wirkt, dessen Namen und Foto wir nicht veröffentlichen dürfen, wegen der Gefahr von Repressalien im Heimatland.

Fertigessen im Busch

Kurz vor 16 Uhr kommt Second Lieutenant Tim Tracy aus Tampa Florida ins Zelt und informiert uns, dass wir Teile seiner Einheit um 21.00 Uhr vor dem TOC (Tactical Operations Centre) treffen. Tracy ist West-Point-Absolvent.

Doch letztlich fand die Patrouille ohne mich statt. Um etwa 16.00 Uhr fahren wir im MRAP mit zum Airdrop und sollen die DZ (drop zone) sichern. Das Flugzeug hat Verspätung. Wir sehen aus der Ferne wie die Transportmaschine zweimal kurz durch die tief hängende, dichte Wolkendecke stößt und ihre Last in zwei Überflügen abwirft. Es wird langsam dunkel.

Wir erfahren, dass beim Airdrop eine der Paletten mit MREs (Meal Ready to Eat) ohne Fallschirm heruntergekommen und zerschellt ist. Der Aufprall soll nach Zeugenangaben einer Explosion sehr ähnlich gewesen sein. Der Inhalt der MREs verteilte sich dabei über die Dropzone.

Die Soldaten sind mehrere Stunden damit beschäftigt, das Essen aus vom Truppenübungsplatz zu kratzen. Es wird schnell dunkel. Insgesamt sitzen wir schließlich acht Stunden im MRAP herum. Wir kramen jeder aus einem Karton MREs und essen sie kalt. Ich habe Chicken Fajita mit scharfen Crackern abgekriegt.

“Fuck the wild life”

Als es heißt, dass die Kommandantur des Übungsplatzes die Übung unterbricht, damit auch alle Reste aus den Büschen gefriemelt werden können, weil sich sonst das Wild an dem Schmierkäse und Crackern vergeht, heißt der süffisante Kommentar unseres 24-jähriger Gunners, Tyler Skauge: „Fuck the wildlife!“. Wir sind erst nach 24.00 Uhr wieder im Lager.

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Tag 4, Mittwoch, 30. März 2011 – Erster Tag im COP | “Roger that!”

Ein Blick aus den umliegenden Hügeln auf das COP Sar Hawsa

Über den Combat Outpost (COP) Sar Hawsa befiehlt der 28-jährige Captain James Perkins aus Detroit. Seine Apache Company gehört eigentlich zum Bataillon 2-28 der 172. Infanteriebrigade. Für den Einsatz in Afghanistan ist die Kompanie jedoch dem Bataillon 3-66 unterstellt.

Perkins verfügt über insgesamt vier Platoons, sogenannte Züge mit jeweils etwa 30-40 Mann. Darunter zwei leichte Infanteriezüge, ein Zug Pioniere, und die Headquarter und Headquarters Company, einem Zug, dem neben allem Führungspersonal auch die Soldaten der Artillerie und Mörser, Mechaniker, Köche etc. unterstellt sind.

Insgesamt, mit allen sogenannten “Enablers“, hat Perkins das Kommando über etwa 200 Soldaten. “Enablers” sind alle Teileinheiten, die regulär nicht der Kompanie unterstellt sind, so wie etwa Mörser und Artillerie. Nach dem Ende des Kalten Krieges hat die US-Army ihre Verbände in kleinere, mobile Teileinheiten unterteilt, die je nach Auftrag und Bedarf für bestimmte Einsätze zusammengestellt werden. Eine Art militärisches “Pick-n-Mix“-System.

Zweckentfremdeter Parkplatz

Der COP ist etwa zwei Fußballfelder groß, also viel kleiner als die Forward Operating Base Sharana, auf der wir die vergangene Nacht verbrachten. Angeblich war es früher eine Art Schotterparkplatz bevor der Outpost nachgebaut wurde, Google-Maps bestätigt den Verdacht.

Das Herzstück ist das Tactical Operations Centre (TOC), eine Kommandozentrale aus Pressholz, in der Perkins das Sagen hat. Entlang der einen Längseite des COP  sind in zwei Reihen olivfarbene Standartzelte aufgebaut. Vor ihnen rattern Heizlüfter, wie wir sie bereits aus Sharana kennen.


Das Lager ist mit einem Maschendrahtzaun eingefasst, vor dem eine zusätzliche Barriere Stacheldraht ausgelegt ist. Im Einsatzgebiet wäre ein so geringer Schutz undenkbar. Die meisten Außenposten und Feldlager dort sind nach Außen mit sogenannten “Hescos” gesichert, Drahtkörben, die mit Schutt und Sand gefüllt sind. Sie bieten Sichtschutz, können nicht durchschossen werden und schützen vor Splitterwirkung.

An jeder der vier Ecken steht ein hölzerner Wachturm. Sie sehen aus wie überdimensionierte Jägerhochsitze, deren Ausguckhäuschen mit Sandsäcken gesichert und Tarnnetzen verschleiert sind. Außerhalb des Zauns wurden zwei Artilleriestellungen eingerichtet.

Bei Kriegsbeginn liegengeblieben

Der Krieg war für 24.00 Uhr angekündigt. Als Eröffnungssalve explodierten drei “Mörsergranaten” um kurz nach 6.00 Uhr morgens. Da keine Sirene ertönt und es draußen Stockfinster ist, bleiben wir im Zelt. Draußen ist es im Gegensatz zum Zelt außerdem arschkalt.

Alle scheinen den Auftakt der Kampfhandlungen relativ gelassen aufgenommen zu haben. Am Frühstücksbuffet hat sich jedenfalls nichts geändert. Es gibt Pfannkuchenteig am Stab mit Blaubeeren und Fleischeinlage. No Mampf, No Kampf.

Fußpatrouille am Vormittag

Die Sonne scheint. Um 9.30 bestreiten wir unsere erste auf Patrouille mit Leutnant Martin vom White Platoon. Die Züge sind nicht durchnummeriert, sonder haben jeweils eine Farbe als Kennung: red, white, blue und green.

Es geht ein paar Hundert Meter in die Ortschaft Sar Hawsa. Hier checken die Männer Zusammen mit einem Abgesandten der USAID, ob der Krankenhausneubau abgeschlossen wurde.

17 Soldaten, zwei Übersetzer, ein Zivilangestellter der US-Regierung von USAID nehmen teil. Die Lage in der Ortschaft ist ruhig. Die ganze zeit über Kreisen zwei Apache-Kampfhubschrauber über dem Geschehen, sichern die Patrouille aus der Luft ab.

Rap am Nachmittag

Der Auftrag lautet, Grenzposten der Afghan Border Police zu checken. Also sitz ich am Nachmittag mit Sergeant Billie Wilson aus New York im Hummer. So wie viele andere Soldaten trägt Wilson einen dünnen Schnurbart. Angeblich weist er ihn als “Tanker” aus, ehemalige Panzerbesatzung.

Private First Class Ronnie Wood aus Florida rapt schließlich ein paar Strophen von Lil’ Wayne feat. Blake vor sich hin, nachdem ihn Sergeant Wilson unterstellte, er sei ja lediglich zu schüchtern, weil der Reporter mit an Bord sei.


Hinten neben mir, oder eher gesagt, auf der anderen Seite des Humvees, sitzt der 19-jährige Private First Class Justin Alves. Er kommt aus South Carolina und sagt Sachen wie “Roger son!” und heißt mit Rapnamen Blaze und hat bereits ein Mixtape draußen. Er steht auf den Dirty-South-Sound und sonst nichts.

Der Mann im Turm, von dem man eigentlich nur Beine und Arsch mitbekommt, ist der 19-jährige Justin Chelf, aus Oklahoma, er steht die Fahrt über im Turm und dreht mal mit und mal ohne Wilsons Ansage das MG hin und her.

Ich erzähle Blaze, dass House of Pain nicht zu verachten gewesen seien, denn die Beats wurden von Muggs von Cypress Hill, also einem Künstler von der Westküste, produziert, die Raps aber kamen von Whiteys von der Ostküste in Boston. Blaze überlegt, scheint aber nicht überzeugt.

Alle Insassen, inklusive des Reporters, können sich schließlich darauf einigen, dass Jay-Z auf jeden Fall abgeht und Rappen kann. Noch mal gütlich geeinigt.

Hirsche im Tal

Unten im Tal gucken uns ein Paar Hirsche hinterher, wie wir langsam den Kiesweg entlang kriechen und schließlich wieder halten. Wilson erzählt, er habe das Buch “War” von Sebastian Junger gelesen. Es hat sich zum Standartwerk für Soldaten und Embeds in Afghanistan entwickelt.

Junger hatte über ein Jahr hinweg eine Gruppe Fallschirmjäger der Schwesterbrigade aus Vincenza in Italien nach Afghanistan begleitet. Bereits der Bataillonskommandeur Lieutenant Colonel Tyler hatte das Buch erwähnt, er sagte aber, er könne viele Passagen des Buches nicht unterstützen.

Auf den wenigen Kilometern, die wir über die Schotterpisten des Übungsplatzes rollen, stoppt die Kolonne aus drei Humvees und einem MRAP unzählige Male, wegen verdächtiger Gegenständen, sogenannten Improvised Explosive Devices (IED), der sich oftmals als Müll im Gebüsch heraustellt.

IEDs sind die Waffe der Wahl der Taliban, durch die in Afghanistan die meisten Zivilisten und Soldaten ums Leben kommen. Wir sind insgesamt drei Stunden unterwegs.

Steak und Kartoffelpüree

Abendessen

Abends gibt es Steak mit Kartoffelpüree, zerkochten Karotten und Erbsen und Gravy. Die Sonne hat den Ganzen Tag geschienen. Sie haben die beiden Artilleriegeschütze in das Lager verlegt. Und zwei weitere Zelte aufgebaut. Der erste volle Tag im COP Sar Hawsa ist überstanden.

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Tag 3, Dienstag, 29. März 2011 – The Waiting Game | Welcome to Sar Hawsa

Eigentlich sollten wir gar nicht mehr hier sein. Auch bei der US-Army scheint nichts so beständig zu sein wie die Lageänderung. Je größer und komplexer die Maschinerie desto träger ist sie, denke ich und grummel vor mich hin.

Der Presseoffizier des Bataillons Second Lieutenant Eugene Park aus Los Angeles hat uns eigentlich zugesichert, dass wir gegen 11.00 Uhr abgeholt werden, um zu unserer Kompanie im Combat Outpost (COP) Sar Hawsa gebracht zu werden.


Axel hat sich auf das Feldbett gehauen. Die Nacht hat er nicht so gut geschlafen. Er wäre fast erfroren (sagt er), bis er sich ein Paar Feldbetten weiter in Richtung Heizlüfter legte. Am Morgen war es extrem neblig, jetzt bricht die Sonne durch.

Es ist Mittag, ich sitze im Zelt und habe den Heizlüfter ausgestellt, Lade die Akkus von Video- und Fotokameras. Ich versuche verzweifelt, die grundlegende Idee, die Geschichte herauszufiltern, über die ich berichten werde

Overkill

Es gibt so viele neue Eindrücke, so viele Perspektiven, Einzelheiten und mögliche Ansätze, dass ich den Wald auf dem Übungsplatz vor lauter Bäumen nicht sehe. Wenn ich aus dem Stehgreif einen längeren Text verfassen müsste, hieße er “Reporter verwirrt ohne Plan in Zelt auf Übungsplatz”.

Ein guter Journalist, so heißt es, bereitet sich vor, indem er sich einen groben Plan macht, worüber er berichten will, um dann gezielt schlaue Fragen an mögliche Protagonisten zu stellen und eine interessante Geschichte mit Leben zu füllen.

Nur Anfänger gehen ohne Plan an die Arbeit, denke ich. Ich versuche meine Verwirrung damit zu rechtfertigen, dass ich mich hier an eine komplett fremde Welt gewöhnen muss. Zudem weiß ich gar nicht, wo ich in fünf Minuten sein werde.

Neid und Fiktion

Insgeheim beneide ich Axel, der sich aus der Veranstaltung keinen Reim machen muss, sonder das knipst, was er sieht. ‘Shoot first, ask the questions later’ – wenn überhaupt. Das macht er zugegebener Maßen ziemlich gekonnt.

Ich besänftige mich mit dem Gedanken, dass mir die zündende Idee schon noch kommen wird und, dass dieses nicht nur eine Übung für die Soldaten der 172nd ist, sondern auch für mich als Berichterstatter.

Ich tröste mich mit dem Gedanken an den Reporter in der HBO-Serie “Generation Kill”, der mit einer Einheit der US-Army 2003 in den Irak einmarschiert und auch eher als passiver Beobachter im Humvee sitzt.

Er sah immer gechillt aus, saß hinten im Humvee und nahm an der Invasion des Irak teil. Er machte sich ab und an Notizen, um später seine Geschichte für den “Rolling Stone” zu schreiben. Fiktion und Realität.

Schüsse zur Downtime

Das Zelt heizt sich in der Märzsonne auf. Draußen sind Schüsse zu hören, obwohl heute “Downtime” ist, die letzte Ruhephase bevor alle Einheiten für zwölf Tage ununterbrochen im “Einsatz” sind. Überengagierte Vorgesetzte gibt es überall. In diesem Fall scheinen sie sich mit dem Feind verabredet zu haben.

“We are receiving sniper fire”, ertönt die Ansage über das Lautsprechersystem des Feldlagers. Sogenannte OPFOR, “Opposing Forces”, gespielt von Soldaten der US-Army, die vom JMRC gestellt werden, sitzen irgendwo in den umliegenden Hügeln und beschießen uns.

Abfahrt

Um 13.00 bekommen wir unseren Marschbefehl. Eigentlich sollen wir auf der Ladefläche eines Lastwagens mit Plane zusammen mit anderen Soldaten nach Sar Hawsa gebracht werden. Aber weil wir wieder mal auf irgendetwas warten müssen, steigen wir vom Fahrzeug.

Wir lernen die Soldaten kennen, die in ihren Humvees den Rest der Kolonne bilden. Der Platoon-Lieutenant lädt uns ein, mit seiner Einheit in den Humvees mitzufahren. Wir kriegen das Okay und fahren mit den Humvees einem Tankfahrzeug die sechs Kilometer nach Sar Hawsa. Die Fahrt verläuft zur Abwechslung angenehm zügig.


Die Klimaanlage macht ein Geräusch als ob jemand einen nassen Fetzen über ein Waschbret zieht. Als Proviant für die Fahrt reicht der Sergeant Bamberg mit dem Zahnfassungen in Gold aus South Carolina Kekse namens “Cheez Its” herum, mit dem Verweis, dass sie durstig machen.

Der “Gunner” mit dem MG im Turm des Humvees mach sich einen Spaß daraus, sich in der Gegend herumzukurbeln. Die Türen werden “combat locked” indem man den Hebel an der Innenseite der mit dickem Panzerglas versehenen Tür nach unten drückt.

Ziel

Es ist 16.15 Uhr als wir im COP ankommen. Wir werden vom Kommandeur der A Company 2-28, Captain James Perkins, in Empfang genommen. Er sei froh, uns als Gäste zu haben und werde uns wo es ginge unterstützen und die Wahrheit sagen. Die Sonne scheint.

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Tag 2, Montag, 28. März 2011 – Nächster Halt Sharana West | Zu zweit im Zwölfmannzelt

Mit Command Sergeant Major Boom und seinem persönlichen Fahrer Specialist Jumper fahren wir im Humvee vom Hauptquartier Sharana auf dem Kasernengelände zur Forward Operating Base Sharana West auf dem Truppenübungsplatz.

Nach ein paar Minuten halten wir das erste Mal. Mitten im Wald steht eine Kolonne aus Lastwagen, Panzerwagen und Humvees. Boom, Axel und ich steigen aus und gehen ein paar Hundert Meter vor. An einer Kreuzung tanzt eine Gruppe Rollendarsteller in afghanischer Kleidung mitten auf der Straße.

Vermutlich stellen sie eine Hochzeitsgesellschaft dar. Ein paar der Männer schießen mit Gewehren in die Luft. Der Führer der Army-Kolonne muss mittels eines Übersetzers mit der Gesellschaft verhandeln, bevor sich die Rollendarsteller bereiterklären, die Straße zu räumen. Von den Rollendarstellern dürfen keine Fotos gemacht werden.

Sowohl Afghanen als auch Deutsche spielen Einheimische. Polnische Einheiten mimen Soldaten der Afghanischen Nationalarmee. Auf dem Übungsplatz ist schematische die ganze afghanische Provinz nachgestellt, in die die Brigade in Afghanistan verantwortlich sein wird.

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Wir fahren durch eine kleine Ortschaft und halten auf Booms Kommando in ein paar Hundert Metern Entfernung vor einem der vielen befestigten Außenposten des Übungsplatzes. Die Forward Operating Base (FOB) Zurich sei ihrem Vorbild im Einsatzgebiet besonders authentischeren nachempfunden, sagt Boom.

Ankunft in Sharana West

Nach zwanzig Minuten Fahrt sind wir bei der von bewaldeten Hügeln umgebenen Forward Operating Base (FOB) irgendwo auf dem weitläufigen Truppenübungsplatz angekommen. Wir fahren durch den Kontrollposten, dem einzigen Zugang zum Lager.

Die FOB Sharana West ist eine umzäunte Zeltstadt, etwa vier Fußballfelder groß. Für die Übung ist hier das Hauptquartier der Task Force 3-66 eingerichtet. Die Task Force 3-66 setzt sich im Kern aus dem Bataillon 3-66 der 172nd Separate Infanterie Brigade aus Grafenwöhr zusammen.


Lieutenant Colonel Curtis D. Taylor aus Texas befehligt die TF 3-66. Wir treffen Taylor das erste Mal durch Zufall, nachdem er mit dem Hubschrauber von einer Luftlandeübung auf einem Vorplatz eingeschwebt ist.

Sharana West hat Betonwachtürme, Mörserstellungen, eine Werkstatt, massenweise grüne Zelte in Reih und Glied, Duschcontainer und Dixiklos. In einem riesigen Verpflegungszelt, in dem bis zu 600 Soldaten Platz haben, nehmen wir unser erstes MRE zu uns. Vor dem Zelt steht eine mobile Kücheneinheit.

Zu zweit im Zwölfmannzelt

Zwei Transporthubschrauber CH-53 der Bundeswehr nehmen an der Übung teil. Im Konturenflug fliegen sie in ein paar Hundert Meter Entfernung an der FOB vorbei, zwei tschechische Cougar-Hubschrauber voraus.

Nachdem wir die erste Nacht in einer Baracke verbrachten, sind wir nun in einem olivfarbenen Zelt untergebracht, in dem zwölf Feldbetten stehen. Am Eingang hängt ein Schild: “Media Team”. Wir sind die einzigen Reporter hier.


Die Sonne scheint, es sind es knapp über zehn Grad. Im Zelt kann man es locker im T-Shirt aushalten. Die Luft riecht nach Diesel. Vor dem Hintereingang steht ein Heizlüfter, der durch einen gelben Schlauch warme Luft in das Zelt bläst.

Treffen mit Taylor

Abends kommen wir zum offiziellen Treffen mit Bataillonschef Taylor im Tactical Operations Center (TOC) zusammen. Das TOC ist eine Lagerhalle, deren inneres mit Holzwänden unterteilt ist. Es ist das Nervenzentrum des Bataillons.

In seinem improvisierten Büro zeigt uns Taylor eine Karte des Einsatzgebiets in Afghanistan und zeigt uns die Verteilung der Einheiten der Task Force Vorort. Es gebe Einheiten, die vor allem das traditionelle Geschäft der Streitkräfte abwickeln. Der Einsatz von Waffengewalt heißt im Jargon der US-Army “kinetic action”.

Taylor sagt, am interessantesten für uns Reporter sei eine Einheit, die sowohl auf Patrouille geht, aber auch mit der Bevölkerung in Kontakt tritt und zivile Ausbauprojekte betreut. Wir verständigen uns darauf, das wir die A Company 2-28 unter Befehl von Captain James Perkins begleiten werden.

Erste Warteschleife

Eigentlich sollten wir bereits heute weiter in den Combat Outpost (COP) Sar Hawsa zur A Company stoßen. Der COP  ist nur etwa sechs Kilometer, oder Klicks, wie die Längeneinheit im US-Army-Jargon heißt, entfernt.

Es müssen allerdings mindesten vier Fahrzeuge mobilisiert werden, um uns abzuholen. Im Einsatzgebiet fahren aus Sicherheitsgründen keine einzelnen Fahrzeuge durch die Gegend – hier demnach auch nicht.

Also, verbringen wir die Nacht in unserem beheizten Zwölfmannzelt in Sharana West. Der erste volle Tag war anstrengend, vor allem, wegen der uns komplett fremden Welt, in die wir eingetaucht sind, in der wir uns erst einmal orientiren müssen.

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Tag 1, Sonntag, 27. März 2011 – Ankunft in Hohenfels | Welcome to the Box

Zwei-Meter-Fotograf Axel Heimken neben einem MRAP der 172. US-Infanteriebrigade am 28. März 2011 auf dem Truppenübungsplatz Hohernfels in Bayern (Foto: Dyfed Loesche)

Axel, der Fotograf, und ich kommen nach sieben Stunden Autofahrt am Sonntagabend auf dem Truppenübungsplatz in Hohenfels in der Oberpfalz an. Am Gate 5 holte uns der Presseoffizier des Joint Multinational Readiness Centers (JMRC), Major Nick Sternberg, ab. Wir fahren mit dem Major über eine Landstraße zur Kaserne des Übungszentrums, einer weitläufigen Barackenstadt.

Er stattet uns in seinem Büro mit Helm, Schutzweste, dem sogenannten MILES-System und einer splitterfesten Brille aus. Er erklärt uns, was wir dürfen und was nicht. Beim unterschreiben des Haftungsausschusses, blitzen vor meinem inneren Auge kurz alle möglichen Gefahrensituationen auf. Aber gut, wie gefährlich kann eine Übung schon sein!?

Sternberg zeigt uns in seinem Büro eine aufwendig produzierte Power-Point-Präsentation, die uns erklärt wie das JMRC, die “Truman Show”, wie er sie nennt, funktioniert und was hier eigentlich gemacht wird. Er fährt uns schließlich in seinem silbernen Landrover ein paar Straßen weiter zum mit Stacheldraht gesicherten Übungshauptquartier “Sharana”.

Reporter Dyfed Loesche zusammen mit dem Command Sergeant Major der 172. US-Infanteriebrigade, Michael W. Boom, am 28. März 2011 auf dem Truppenübungsplatz Hohernfels in Bayern (Foto: Axel Heimken)

Ab in die Box

Auf dem Weg begegnen uns erstmals die Humvee-Geländewagen und eines der riesenhaften gepanzerten Ungetüme, die hier von allen MRAPs (siehe oben) genannt werden. Wir lernen auch das Army-Urgestein Michael W. Boom (siehe rechts) kennen, der im vorbeigehen Hallo sagt, sich als Command Sergeant Major der Brigade vorstellt und sich erkundigt, “You’re that German writer, right?”. Richtig.

Durch ein olivgrünes Zelt betreten wir die Übungswelt, die sogenannte Box, in der sich die etwa 3.500 Soldaten der Brigade bereits seit einer Woche für den Ernstfall in Südostafghanistan vorbereiten. Es ist die letzte Übung bevor sie im Sommer verlegt werden. Wir werden mit einem Ausweis ausgestattet, auf dem steht “Escort required”. Vertrauen ist gut, Begleitung ist besser.

Wir werden in das improvisierte Tactical Operations Centre (TOC) des Hauptquartiers geführt, der Kommandozentrale, von der aus Oberst Edward T. Bohnemann die Brigade befehligt. Hier hat auch der Presseoffizier der Brigade, Major Joseph Buccino, ein kleines Büro. Mit ihm habe ich seit Anfang Februar per Email und Telefon unseren Besuch geplant.

Full Metal Baracke

Die erste Nacht unserer Mission Rehearsal Exercise, schlafen wir in einer Baracke, wie man sie aus dem Film “Full Metal Jacket” kennt. Hier stehen etwa 50 Stockbetten in zwei Reihen. Die unteren Pritschen sind teilweise für ein bisschen Privatsphäre mit Tarntüchern abgehangen, am Fußende stehen Ausrüstung und Seekisten.

Es ist die letzte Nacht, die wir in einem festen Gebäude verbringen. Ich hoffe, die kommenden sieben Tage in der Obhut der US-Army werden für uns, den “German Crazy Forces”, wie wir uns später selbst taufen, eine lehrreiche Übung für unseren Einsatz als Reporter in Afghanistan sein.

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